Eine normale Geschichte

So near.

So near.

Das Gebäude ist groß und seine Front komplett verspiegelt. Wenn die Sonne günstig fällt, kann man einzelne Büros und ein paar mächtige Schreibtische vor den Fenstern erkennen. Wenn ich mit meinen kleinen, grünen Lederpumps die Marmortreppen heraufklappere, komme ich mir immer besonders hübsch und wichtig vor. Wie ein Teil einer exklusiven Welt, in der es nur Reichtum, Erfolg und Macht gibt. Oft zwickt mich dann mein modischer Blazer und erinnert mich daran, wer ich bin. Eine Besucherin in dieser Wunderwelt. Mit einem Blazer von H&M aus dem Sonderangebot. Meistens ziehe ich dann den Bauch ein, drücke die Brust heraus, straffe die Schultern und hebe den Kopf, strecke meine kurze Stupsnase ein klein wenig in die Höhe und sauge den penibelsauberen Geruch ein, der aus der riesigen Schwingtür strömt. Dann öffnet die Firma ihren riesigen Schlund und kostet mich, kaut kurz auf mir herum und spuckt mich nach drei Stunden gelangweilt wieder aus. Das ignoriere ich jedoch mit allem mir gebliebenen Stolz und stolziere die Marmortreppen aufrecht wieder hinunter. Ich gehöre hier her. Ich habe ein Recht, hier zu sein. Kurz darauf quetsche ich mich in einen der überfüllten Busse, zunächst noch zwischen andere Sonnenseitler des Lebens, nach einer halben Stunde nur noch zwischen meinesgleichen. Studenten, Jobber, Alleinerziehende, Hippies, Penner und einfach stinknormale Leute mit einer stinknormalen, schlechtbezahlten Arbeit, die grade so viel Geld einbringt, dass man sich Wohnung, Lebensmittel und ein extra Feierabendbier leisten kann. Putzen suckt!

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