Details betrachten, Ganzes verändern

Wenn ich für kurze Momente aus meinem Hamsterrad falle, werde ich nach ein paar Tagen der Verblüffung von einer Welle der Kreativität überschwemmt. Kreativität im Sinne des Erschaffenwollens. Dann baue ich Tische und Stühle ohne zum Baumarkt zu gehen, dekoriere mit allem, was meine Zweizimmerwohnung zu bieten hat und tauche meine Pinsel in Farbe. Was rauskommt ist relevant, aber nicht der Fokus des Schaffens. Es geht um die Freude des Neuen, die sich beim Gestalten einstellt. Als ich als 22-Jährige das erste Mal in Barcelona ankam und mit meinem 27 kg schweren Klamottenkoffer meine erste Bleibe bezog, ein 6 qm großes Kämmerchen mit Fenster in einen Schacht, zog ich noch am gleichen Nachmittag voller Begeisterung durch die Läden und sammelte kostenlose Mode- und Musikzeitschriften ein, um die gelungsten Bilder herauszutrennen und an meine Wand zu kleben. Neu geht immer und irgendwo ist auch etwas Schönes dabei. Auch wenn es manchmal nicht auf ersten Blick sichtbar ist. Man muss nur sein Auge sensibilisieren und seiner Seele gut zureden.

Zeit der Abstinenz

Ich krieche zwischen Bücherstapeln und raste unter Blumensträußen.

Meine Kreativität beschränkt sich auf meinen Kopf und versperrt sich meinen Gliedmaßen.

Ich fülle mein Glas und meinen Teller.

Die Wildnis tröstet in ihrer aufdringlichen Art.

Heute weht ein warmer Wind durch mein Haar.

Ich schreibe ein paar Sätze und denke einen Roman.

Die Heimat – Ein Alexandriner

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Zurück in Bremen. Aus aktuellem Anlass ein Werk von 2008, das ich schrieb, nachdem ich aus Spanien zurückgekehrt war und zwei kleine Bremer Turmzimmerchen mit ockerfarbenem Teppich und Blick in die Ferne eingerichtet hatte.
Auch der schöne Fliegenpilz ist von 2008, passenderweise blüht gerade wieder einer. (Ja, ich weiß, Pilze blühen nicht, aber dieser schon :))

Die Heimat
Ein Alexandriner

Die Heimat schneidet scharf, mit tausend kleinen Messern,
Als hätte sie geahnt, ich kam, sie zu verbessern.
Ich kehrte doch zurück, in ihren kalten Schoß,
Drei Koffer trug ich bei mir, zwei kleine, einer groß.

Der Regen wurde stärker, die Messer waren spitz,
Ich brachte, was ich liebte, an irdischem Besitz,
Angst wollt ich nicht empfinden, doch ein Respekt war da,
denn nicht aus freien Stücken, ging ich in die Gefahr. Continue reading

Vernissage: Was noch übrig ist und DAS_ was ihr mitbringt

Ein Abschied aus Bonn

Anstatt wie gewöhnliche Menschen aus Bonn wegzuziehen, verlassen wir die Bonner Intellektuellenszene.

Ja, die WG! Große, kreativ-kritische Spielwiese der schillernsten Persönlichkeiten im Rhein-Sieg-Kreis, die sich dadurch zusammenfanden, dass sie nicht anders sein wollten, sondern anders waren. Ein Feuerwerk der Denkkraft, das in alle Richtungen sprudelte, das Kunst verachtete und sie dennoch konsistent produzierte.

Wir, das Eduscho-Kollektiv aus der Gruppe Musenhain, waren immer für einen gesellschaftskritischen Nachmittagskaffee zu haben, für einen nachdenklichen Biermix, ein besinnliches Käsebrot.

In alle Winde zerstreut sähen wir nun Kultur, wo andere sie sehen. Adé, schöne Intellektuellenzeit! Auch wenn uns der Ernst des Lebens in seine kapitalistischen structures zwingt, wir lassen uns die Satire nicht nehmen.

Hier ein kleiner Ausschnitt von etwas ganz, ganz Großem:

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[4] Postkartenwandteppich “Globus Dei”
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Ein Anfang und ein Abschied – Wie war das eigentlich in Bonn?

Nach vier langen ereignisreichen Jahren kehre ich dieser Stadt den Rücken zu, die mich häufig zur Weißglut gebracht hat mit ihrer hübschen Spießigkeit und ihren wohlhabenden Bürgerkindern, die Busse und Bahnen in Hollisterklamotten bevölkern. Doch wie es mir so oft ergeht, sind die Dinge, über die ich mich aufrege, die, die mich begleiten.

Mir bleiben eineinhalb Wochen Zeit, mich zu verabschieden, von der Stadt, die mich ein Erwachsensein lehrte, das mich anzog und abstieß, das maximale Entspannung und existenziellen Stress beinhaltete und mich vor Fragen stellte wie “Bin ich jetzt ein besserer Mensch, da ich die Kohle habe, meine Großeinkäufe im Bioladen zu machen?”.

Viele Fragen sind noch offen.

Meine erste Abschiedszeremonie war ein Spaziergang mit der Handykamera. Bei jeder Szene, die mich an Bonn erinnerte, hielt ich einfach drauf.